So wirst du selbst zum Profi im Umgang mit herausfordernden Situationen: Die Kollegiale Beratung

Bildquelle: www.pixabay.de
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Klaus ist Geschäftsführer eines kleinen dynamischen und sehr erfolgreichen Unternehmens. Seine Mitarbeiteranzahl ist innerhalb weniger Jahre auf 30 Personen angewachsen. Er bekommt längst nicht mehr alles in seiner Firma mit. Er hat Aufgaben delegiert und Teams gebildet, um die komplexen Aufträge kompetent und zuverlässig abzuwickeln. In einem der Teams kracht es zwischen den Teammitgliedern. Dadurch kommt es zu Verzögerungen in der Auftragsbearbeitung. Klaus ist ratlos. Er findet keine Lösung und fühlt sich allein. Als Geschäftsführer und Vorgesetzter sieht er sich zwar in der Verantwortung den Konflikt zu klären. Er will jedoch keinen externen Mediator ins Boot holen. Die Zeit spielt gegen ihn und sein Unternehmen, da wird guter Rat unter Umständen teuer. Muss aber nicht.

Raus aus dem eigenen Saft durch Kollegiale Beratung

Die Kollegiale Beratung (KB) ist hocheffektiv. Es braucht zwar Zeit, Übung und setzt Vorschussvertrauen aller Beteiligten voraus. Am wirksamsten und zielgerichtesten führst du die KB mit einer Gruppe von Verschworenen durch. Die klare Struktur macht es dir einfach, die einzelnen Phasen einzuhalten, so dass du auf einen professionellen Moderator getrost verzichten kannst.

 

Die Kollegiale Beratung wird in 6 verschiedenen Phasen durchgeführt. Sie ist ein strukturiertes Verfahren, das immer nach dem gleichen Schema abläuft. Dies bringt dir auf Dauer Übung und die Sicherheit, deine KB so effektiv wie möglich durchzuführen. Der Moderator begleitet dich dabei durch alle 6 Phasen. Du kannst deine persönliche Situation mit Unterstützung der anderen betrachten, ohne bereits irgendwelche konkreten Schritte einzuleiten.

Das Rezept für erfolgreiche Kollegiale Beratungen

Zutatenliste:

  • 6 bis 8 Arbeitskolleginnen oder interessierte Menschen aus deinem Netzwerk
  • 90 - 120 Minuten deiner Zeit pro Beratungssitzung
  • einen ruhigen Raum
  • 1 Moderator (wechselnd)
  • Schreibuntensilien
  • Flipchart/Metaplanwand

Vorbereitung:

Bilde eine Gruppe aus sechs bis acht Arbeitskollegen oder interessierten Menschen aus deinem Netzwerk. Am besten funktioniert die Kollegiale Beratung (KB), wenn die Teilnehmer unterschiedlich sind, menschlich und fachlich. Du erfährst später noch, warum das von Vorteil ist. Triff dich regelmäßig mit dieser Gruppe, damit ihr Übung und Erfahrung in der KB bekommt.

 

Voraussetzungen:

  • Es gilt Verschwiegenheit und Vertraulichkeit. Die Inhalte bleiben im Raum.
  • Die ratsuchende Person allein entscheidet sich für eine der gefundenen Ideen/Lösungsansätze.
  • Es gilt der Grundsatz: Alles was wichtig ist und zum Fortgang des Prozesses beiträgt, darf gesagt werden.
  • Lösungsvorschläge werden gesammelt, jedoch nicht bewertet. (Prinzip: Brainstorming)
  • Für die Dauer der KB werden Handies, Laptops und andere Störfaktoren ausgeschaltet, damit konzentriertes Arbeiten möglich ist.


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Die Durchführung der Kollegialen Beratung

Klärt bei jedem Treffen gemeinsam, wer heute ein Anliegen zur Klärung hat und um was es sich dabei handelt.

 

Geht es um einen Konflikt mit einer Person? Oder handelt es sich um eine fachliche Fragestellung?

 

Führt diese Klärung sorgfältig durch, damit die Richtung der Beratung für alle Beteiligten deutlich wird.

 

Im nächsten Schritt bestimmt ihr gemeinsam die Moderatorin aus der Gruppe. Sie führt euch durch die nächsten 90 Minuten. Sie ist Zeitwächterin, leitet durch die Phasen und wacht über die jeweils einzuhaltenen Regeln. 

 

Und los geht's ...

 

1. Phase: Problem beschreiben

Innerhalb von fünf bis sieben Minuten stellt der Ratsuchende sein Anliegen dar. Er redet ohne Unterbrechung durch die anderen. Die übrigen Teilnehmer nehmen eine passive und gleichzeitig aufnehmende Haltung ein. Lediglich Verständnisfragen sind erlaubt. 

 

Tipp: Hilfreich ist es, wenn sich der Ratsuchende auf Beobachtungen und Fakten zur Situation beschränkt. Das macht es den übrigen Beratern leichter, die Situation zu verstehen und sie können sich selbst ein Bild davon machen.


2. Phase: Fragen

In dieser Phase sind Fragen erlaubt. Die anderen Berater können jetzt ihre Frage stellen. Der Ratsuchende beantwortet die Fragen, ohne diese zu diskutieren. Weiterhin sind die Teilnehmer eingeladen mitzuteilen, was ihnen aufgefallen ist oder welche Assoziationen sie dazu haben.

 

TIPP: Vermeiden Sie Rechtfertigungen oder Verurteilungen über andere.  Ihre Antworten werden ebenso wertfrei aufgenommen und bleiben zunächst im Raum stehen. Jede Bewertung, Verurteilung oder Analyse würde den Prozess der KB gefährden. Es ist die Aufgabe des Moderators genau darauf zu achten.

 

Durch die Fragen und Antworten entwickeln sich nach und nach bei den Beratern eigene Ideen und Vorstellungen darüber, wie das Anliegen zum Problem werden konnte und wie es mit der ratsuchenden Person zusammenhängt.  Ist dieser Zustand erreicht, leitet der Moderator die nächste Phase ein.


3. Phase: Hypothesen sammeln

Der Ratsuchende nimmt in dieser Phase als passiver Beobachter teil. Jede Einmischung seinerseits wird durch den Moderator unterbrochen. Ein spannender Prozess, der durchaus schmerzhaft und gleichzeitig sehr erhellend sein kann. Vertrauen Sie auf die Beraterfähigkeiten Ihrer Kollegen.

 

Die Teilnehmer sind eingeladen, ihre Hypothesen über die Art des Problems aufzustellen. Diese Hypothesen notiert der Moderator für alle sichtbar auf einem Flipchart. Er achtet in dieser Phase streng darauf, noch keine Lösungen zu dokumentieren und sammelt lediglich die Hypothesen zur Sitution.


Phase 4: Kernannahmen identifizieren

In dieser Phase ist der Ratsuchende wieder gefragt. Er - und nur er allein - wählt die Annahme aus, die bei ihm die höchste Resonanz hervorruft. Die Kollegen können sich wieder fragend und somit unterstützend beteiligen, wenn durch den Moderator gewährleistet wird, dass sie ausschließlich aus Sicht des Ratsuchenden agieren. In dieser Phase geht es nicht um Wahrheit. Es steht vielmehr die Auswahl der Annahmen im Vordergrund. Die übrigen Annahmen werden vorerst verworfen.


Phase 5: Lösungen

Ähnlich wie in Phase 3 kann sich der Ratsuchende auch hier zurücklehnen. Er beobachtet die Diskussion zur Lösungsfindung und lässt sie auf sich wirken. Die Lösungsvorschläge werden gesammelt und diskutiert. Der Ratsuchende nimmt die Ergebnisse für sich mit und entscheidet für sich, welchen Weg er künftig in Bezug auf dieses Anliegen einschlagen wird.

 

Damit ist die KB beendet, der Beratungsprozess abgeschlossen. .

 

Der Ratsuchende hat seine Situation durch verschiedene Blickwinkel betrachten können und wurde mit einer Auswahl von Lösungen für sein Anliegen beschenkt.


Phase 6: Flughöhe gewinnen

Wenn du schon Übung und Erfahrung in der KB hast, kannst du diese Phase noch anschließen.

 

Tausche dich mit deinen Kolleginnen darüber aus, was du emotional während dieser Kollegialen Beratung erlebt hast. In Bezug auf das Anliegen des Ratsuchenden und auch in Bezug auf den Prozess der KB. Oftmals kommen neue Diskussionen in Gang, die unentdeckte emotionale Anteile der Problemsituation ans Licht bringen.

 

Hieraus ergeben sich möglicherweise ganz neue Ansätze zur Lösungsentwicklung. Der Blickwinkel kann sich nochmals verändern und ein neues Licht auf die Situation werfen. Die Entscheidung, welche Lösung der Ratsuchende favorisiert, liegt allerdings voll und ganz bei ihm.


Unterschiedliche Sichtweisen bringen neue Erkenntnisse

Bevor ich es vergesse: Ich wollte dir noch mitteilen, warum es so hilfreich ist, sich mit unterschiedlichen Menschen für die KB zusammen zu tun.

 

Vielleicht kam dir schon selbst eine Idee? Ja? Menschen in ähnlichen Situationen betrachten ein Anliegen auch aus einem ähnlichen Blickwinkel. Neue Lösungsansätze werden schwerer gefunden, wir drehen uns im Kreis oder braten weiter im eigenen Saft.

 

Menschen, die dagegen aus ganz anderen beruflichen Kontexten und persönlichen Situationen kommen, betrachten das selbe Anliegen aus einer anderen Perspektive. Diese neue andere Sichtweise hilft dabei, den vorgestellten Fall von einer anderen Seite kennen zu lernen, möglicherweise weitere Betroffene zu verstehen und Lösungen zu erkennen und zu akzeptieren, die Ihnen vorher überhaupt nicht in den Sinn gekommen wären.

 

Klaus ist auf sein Netzwerk zugegangen und hat dort Menschen gefragt, ob sie Interesse an einer regelmäßig stattfindenden KB haben. Er fragte gezielt ganz unterschiedliche Personen: einen Programmierer, eine Projektleiterin, eine Journalistin, einen Vertriebler und einen Mitarbeiter einer Werbeagentur. Sie alle haben Klaus Situation durch ihre Brille betrachtet, sich in ihn und sein Anliegen eingefühlt und schließlich verschiedene Lösungen kreiert. Heraus kam ein Klaus, der viel über sich, sein Unternehmen und seine Mitarbeiter erfahren hat. Gleichzeitig bekam er konkrete Ideen geschenkt, wie er das Problem gewinnbringend für sein Unternehmen, seine Kunden und Mitarbeiter lösen kann.

 

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Bildquelle: pixabay und Birgit Schulze



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