Artenvielfalt im Büro als Hinweis für unerfüllte Bedürfnisse

Das arrogante Lama

Bildquelle: pixabay/coloringcuties
Bildquelle: pixabay/coloringcuties

Heute Morgen war ich meine gewohnte Runde laufen. Dabei begegne ich regelmäßig unterschiedlichen Tieren: Hunde, Störche, Kühe, Schafe, Gänse, Hühner und Lamas. Ja, bei uns stehen ab und zu Lamas auf einer Weide. Interessanterweise fiel mir gerade bei den Lamas auf, dass ich eines davon knallhart bewertete: „Da liegt es faul in der Spätsommersonne und schaut total arrogant auf mich herab,“ schoss es mir durch den Kopf.

Gibt es denn arrogante Lamas? Eher nicht. Denn es handelt sich hierbei um eine 1A Bewertung meinerseits, die ich über das Lama hatte. Und wie kam ich darauf? Naja, das Lama lag auf dem Boden. Die Beine unter dem Körper zusammen-geklappt, die Nase leicht nach oben in die morgendliche Spätsommersonne geneigt, die Augen halb geschlossen, so blickte es auf mich herab. (Außerdem habe ich inzwischen herausgefunden, dass das Lama ein Alpaka ist.)

 Im Job oder im Alltag begegnen mir ebenfalls die unterschiedlichsten Tiere: Da gibt es

  • den sturen Bock,
  • die falsche Schlange,
  • den störrischen Esel,
  • den blöden Hund,
  • die doofe Kuh,
  • ganz einfach: die Sau!
  • sehr gut gefällt mir auch der Streit-Hammel,
  • ·       …

Oftmals übertragen wir diese Bewertungen, die wir Tieren zuschreiben, gerne auch auf Menschen. Warum? Ich vermute, weil es sich um eine bildhafte Sprache handelt, die von allen gut verstanden wird. Vielleicht, weil wir denken, dass es dann leichter zu hören oder zu verstehen ist, wie der andere tickt? Vielleicht, um bewusst zu verletzten? Vielleicht aber auch, um einfach eine Bewertung über eine andere Person oder dich selbst zu verschenken.

Genauso wenig, wie Tiere meiner Meinung nach in Ställen zu Massentierhaltungszwecken zusammengepfercht werden dürfen, gehören sie von mir in Schubladen gesteckt.

Nix anderes ist es aus meiner Sicht, wenn ich meine Mitmenschen mit Tieren vergleiche, um sie mit unangenehmen oder nervenden Eigenschaften zu bewerten. Knallhartes Schubladendenken, verpackt mit den tierfeindlichen Attributen. Was ist denn dein liebster tierischer Vergleich?  Schreib mir doch gerne eine E-Mail mit deinem Lieblingstier. info@birgitschulze.com

 

Für mich sind diese Bewertungen, Beurteilungen und Interpretationen hilfreiche Signale, seit ich die GFK kenne. Denn ich merke sofort, wenn mir ein störrischer Esel, eine falsche Schlange oder ein wütender Stier begegnet, ist die Erfüllung meiner Bedürfnisse in Gefahr. Sofort überlege ich mir: „Warum dieser Esel so störrisch ist, warum die Ziege rummeckert, was diesen Stier wohl wütend gemacht hat?“ Woran denkst du bei diesen Tieren? 

Der meckernden Ziege kann ich es einfach nicht recht machen. Immer hat sie was zu meckern. Über das Wetter, die Arbeit, den Kollegen, die Kundin.

 

Sie hat es soooo schwer, dass sie einfach nur rummeckert. Und egal, was ich sage, sie meckert weiter. Weder verändert sich was, noch entsteht Verbindung. Da habe ich doch schon gleich keine Lust ihr auch nur zu begegnen. 

 

Der blöde Hund, der blöde, macht mir einfach nur das Leben schwer. Der macht einfach nicht, das, was ich von ihm will. Meckert rum, entzieht sich oder gibt mir Widerworte. Es ist mega-anstrengend, weil ich an ihm herumziehen und zerren muss, damit er sich doch in meine Richtung bewegt.


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Die falsche Schlange weckt sofort sehr viel Unbehagen in mir. Denn ich weiß ich einfach nicht, woran ich bei ihr bin. Sie spricht mal so, mal so und redet jedem nach dem Mund. Auf diese Person kann ich mich nicht verlassen und sie biegt sich ihre Wahrheit so zu Recht, wie es für sie passt – ohne Rücksicht auf Verluste. Leise kriecht sie sich von hinten an und dann -schnapp – beißt sie mit ihrem Lügen und Intrigen zu. 

Den sturen Bock und den störrischen Esel stelle ich gedanklich gerne in denselben Stall. Vermutlich tun sie sich nicht gut, aber es passt aus meiner Sicht. Ist ja auch nicht mein Problem, wenn sich die zwei immer in die Wolle kriegen. Immer gibt es was zu meckern, immer gibt es was abzulehnen. Und wenn die sich mal was vorgenommen haben, dann wird das einfach so gemacht – egal ob es sinnvoll ist oder nicht. Auf Biegen und Brechen wird diese Lösung dann so durchgesetzt – beratungsresistent. Das fällt mir noch dazu ein. Die wissen doch beide eh, was richtig ist. Und ich habe keine Ahnung. 

 

Wenn ich jetzt die Augen schließe und mir all diese Tiere in einem Stall – ähm – Bürogebäude vorstelle, dann ist da sicher ordentlich was los. So wie im echten Leben halt. Da ist auch immer was los. 

 

Für mich sind diese tierischen Zuschreibungen Auslöser und knallharte Bewertungen, die ich habe. Es gibt da irgendwas an diesen Menschen, das irritiert mich, nervt mich, verärgert mich, bringt mich aus meiner Ruhe. 

Und jetzt mal Klartext: Es sind Feindbilder.

Denn wenn ich über eine Person denke: „Das ist aber auch eine doofe Kuh!“, habe ich ein klassisches Feindbild im Kopf. Feinde sind bedrohlich. In der Steinzeit waren das sie das wirklich. Da musste ich, wenn ich überleben wollte, erkennen: „Willst du mich jetzt fressen oder bist du einfach nur neugierig?“

 

Schubladendenken, Kategorien entwickeln und das Strukturieren machen alle Menschen. Das brauchen wir auch, denn es hilft uns, uns leichter in der Welt zurecht zu finden. Vermutlich ist es uns angeboren. Ich bin sicher, dass es hilfreich ist und uns vor großem Übel oder Schäden schützt. In der Steinzeit war es ja auch wichtig zu wissen, wer ist Freund, wer ist Feind, wer ist Kuscheltier, welches Tier versorgt mich, welches will mich fressen.

 

Weniger hilfreich ist es, wenn wir diese Schubladen, Kategorien als „wahr“ annehmen, im Sinne von „richtig“ und „falsch“. Dieser Typ ist ein störrischer Esel verhält er sich so und so. Und das sehe ich ihm schon an seiner Nasenspitze an. Denn dadurch nehme ich dem Esel die Möglichkeit, wie eine kluge Eule oder wie eine weise Schildkröte zu handeln. 

 

Wenn ich die Menschen, in Tier-Schubladen packe, dann ist es für sie genauso schwer daraus wieder herauszukommen, wie aus anderen Bewertungsschubladen auch.

Meine Idee: Weg 1 Einfühlung in "das Tier" .... und Weg 2 Selbst-Einfühlung

Dank der Gewaltfreien Kommunikation kann ich weiterhin in tierischen Eigenschaften über meine Mitmenschen denken und mich darüber freuen. Denn es dient mir als Erinnerung, als Weckruf oder als Warnsignal:

1. Schritt: Die Beobachtung der anderen Person vermuten

„Achtung Birgit, jetzt bist du voll drin in deinen Bewertungen. Und da willst du ja raus. Also, frage dich? Warum ist diese Person gerade störrisch, hinterlistig, falsch,… Was genau tut, macht, sagt oder unterlässt sie?“

 

 

 


2. Schritt: Gefühl

Wie könnte sie sich jetzt fühlen? Kann es sein, dass hinter dem störrischen Verhalten Bedenken stecken? Dass hinter dem falschen, eine andere Sicht auf die gemeinsame Situation liegt, dass die Hinterlistigkeit ein Ausdruck von Verzweiflung oder Ärger ist?


3. Schritt: 
Das unerfüllte Bedürfnis der anderen Person vermuten

Ausgehend von dieser Beobachtung und den von mir vermuteten Gefühlen, hangle ich mich weiter zu den Bedürfnissen. Unerfüllten und auch erfüllten. Ich fühle mich in aller Stille ein. In die Person, in ihre Sicht, in ihre Gefühle und Bedürfnisse. 


4. Schritt:
Die Bitte der anderen Person vermuten

Und dann überlege ich mir, wie es weiter gehen kann. Für mich und für uns. Will ich überhaupt Verbindung zu dieser Person? Oder brauche ich eher Schutz. 


... und jetzt Weg 2 Selbst-Einfühlung

1. Schritt: Meine Beobachtung

 

Jetzt fühle ich mich in mich ein.

 

Ich formuliere meine Beobachtung und versuche für mich klar zu kriegen, was mich zu dieser Bewertung führt.

2. Schritt: Meine Beobachtung

 

Wie es mir damit geht und welche Gefühle ich bei mir wahrnehme.

3. Schritt: Mein Bedürfnis

Welches meiner Bedürfnisse hier in Verbindung mit dieser Person unerfüllt?


Und dann schaue ich, welches meiner Bedürfnisse mir diese Bewertung erfüllt. Denn ich bin sicher, meine Bewertungen erfüllen mir etwas. Irgendetwas, von dem ich noch nicht weiß, was es ist.

4. Schritt: Meine Bitte

Danach, wenn ich mich in mich und die andere Person eingefühlt habe, checke ich nochmal, was ich jetzt will. Verbindung, Schutz, Gemeinschaft, Austausch, …?

Das ist meine Bitte an mich, um zu schauen, wie ich weiter machen will. 

Fazit:

Es gibt ein abwechslungsreiches Tierleben im Büro und vor allem in meinem Kopf. Es ist geprägt von meinem Bewertungen und Urteilen, die ich über andere Menschen habe. Die Tiere sind die Verkleidung – vielleicht sowas wie der Wolf im Schafspelz – um weiter in dieser Analogie zu bleiben. Meine Bewertungen zu erkennen und durch die 4 Schritte einfühlend, und gleichzeitig selbsteinfühlend auseinander zu nehmen, ist für mich sehr hilfreich.

 

So komme ich auf meinem Weg der Gewaltfreiheit wieder neuen „Feindbildern“ auf die Spur, die ich verwandeln kann, um den Menschen hinter dem störrischen Esel zu sehen. Dadurch kreiere ich mir mehr Frieden, Gewaltfreiheit und Ruhe in meinem Leben. Und das ist es, wonach ich wirklich suche. Und wonach suchst du? Schreib mir gerne eine E-Mail dazu. info@birgitschulze.com




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