"Muss ich mir eigentlich alles gefallen lassen?" Warum Beschwerde Management wichtig ist und wie es gelingt.

Die schlechte Nachricht: Konflikte mit Kunden sind nach wie vor Realität

Bildquelle: www.pixabay.de
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Konflikte mit Kunden gehen auch schon mal unter die Gürtellinie. Beleidigungen und verbale Angriffe sind im Alltag nicht wegzudenken. Beschäftige sind zunehmend verunsichert. Unternehmen fürchten Qualitätsverlust im direkten Kundenservice.

Laute, wütende Kunden sind verärgert und wollen mit ihrem Ärger gesehen werden und gleichzeitig eine Lösung für das jeweilige Problem.

 

Und du als Mitarbeiterin bekommst es möglicherweise einfach ab und hast keine Ahnung, wie du damit gewinnbringend für dich, deine Kunden und deine Firma umgehen kannst. 

 

Wir haben es in der Regel nicht gelernt, auf verbindende und lebensdienliche Weise mit Konflikten umzugehen. Und damit wissen auch die wenigsten Mitarbeitenden in einem Unternehmen, wie sie mit Beschwerden umgehen können. Und wenn Mitarbeitende eigentlich ganz andere Aufgaben ausüben und "zufällig" damit konfrontiert sind, dann ist das doppelt bedenklich. Denn einerseits, ist diese Person ja dafür da andere Aufgaben auszuführen. Und andererseits ist sie nicht in der Lage, die Beschwerde im Unternehmens- und Kundensinne zu lösen. 

 

fight, flight, freeze

Darf ich mal ganz unverblümt fragen, wie du mit Konflikten umgehst? Wie reagierst du, wenn dir eine Person wütend und aggressiv gegenüber steht? Es gibt drei typische und in uns angelegte Verhaltensmuster, wenn wir in Stress geraten. Ein wütender Kunde ist sicherlich ein Stressfaktor. Also kannst du kämpfen, flüchten oder dich totstellen. Das können wir alle. Das macht gerade auch deine Kundin. 

 

Sicherlich stimmst du mir jetzt zu, dass keines dieser 3 Reaktionsmuster im Falle einer Beschwerde hilfreich ist. Da geht es eher darum einen kühlen Kopf zu bewahren und Lösungen zu finden, die euch weiterbringen. Mit euch meine ich

  • dich,
  • den/die Beschwerdeführerin
  • dein Unternehmen.

Es braucht also hilfreiche, unterstützende und dienliche Strategien. Und die kannst du jetzt entwickeln. 

Zurück zur Frage: "Muss ich mir eigentlich alles gefallen lassen?"

Nein, das musst du sicherlich nicht. Ehrlich gesagt, ist das auch nicht die Frage, die du dir stellen kannst, wenn ein Kunde dir durchs Telefon mal so richtig die Meinung geigtm, dir E-Mails in Schriftgröße 36 und knallroter Farbe schreibt oder dich über die Ladentheke anbrüllt.

Meiner Erfahrung nach gibt es unterschiedliche Fragen, die hier gestellt werden. Und zwar auch an unterschiedliche Personen. 

Fragen, die du dir selbst stellen kannst:

  • Gehört es zu deinem Job? 
  • Wenn ja, brauchst du dienliche Lösungen, wie du es hinbekommen kannst, ein respektvolles Miteinander zu kreieren, auch wenn da einer total ausflippt?
  • Und woran liegt es eigentlich, dass dir das immer wieder passiert?

Fragen an deine Führungskraft

  • Wie willst du, dass wir hier im Unternehmen/Bereich/Abteilung mit Beschwerden umgehen?
  • Weißt du eigentlich, wie viele Beschwerden hier <ZEITRAUM> eingehen?
  • Willst du als Führungskraft etwas an den Missständen ändern?
  • Wer ist verantwortlich für die Bearbeitung von Beschwerden?

Es braucht eine Strategie auf der Kundenbeziehungsebene mit Beschwerden umzugehen. Und es braucht gleichzeitig eine Strategie für das Unternehmen, wenn vermehrt Beschwerden und Reklamationen eingehen, die für die Mitarbeitenden schwer zu handeln sind. Warum auch immer. Und das kannst du mit den o.a. Fragen ins Bewusstsein bringen.

 

Wenn du Führungskraft bist, suche hier nicht die Schuld bei den Mitarbeitenden oder den Kunden. Sondern im Unternehmen. Wo laufen Prozesse unrund? Was kann getan werden, dass Leistungen ohne Anlass zur Beschwerde zur Verfügung gestellt werden?  Gibt es ein Monitoring? Du hast hier unzählige Chancen zur Verbesserung deines Unternehmens. 

(Verbindungs-)Fragen an deine/n Kunden/in

Was der/die Beschwerende jetzt braucht ist Verbindung, Verbindung und nochmal Verbindung. Und dann erst kannst du auf der Sachebene agieren.

 

Diese Verbindung und damit das notwendige Vertrauen stellst du am besten über sogenannte Verbindungsfragen her. Du kannst z.B. das Gesagte nochmals in deinen Worten zusammenfassen und FRAGEN, ob es das ist, was die Person zum Ausdruck bringen wollte.

  • "Ich höre von Ihnen, dass die Lieferung verspätet kam und sie deshalb selbst unter Zeitdruck waren, habe ich Sie da richtig verstanden?"
  • "Herr Wüttelprümpf, Sie sind richtig sauer, weil Sie die Rechnung nicht nachvollziehen können?"

Diese Fragen signalisieren der Person, da hört mich jemand mit meinem Probelm und versteht meine Gefühlslage. Trau dich und benenne die Gefühlslage. Den Ärger oder die Wut zu ignorieren bringt nix. Das macht die Person noch wütender. Benennst du diesen Zustand, dann hilfst du euch allen, ihn sichtbar zu machen. Und dann entsteht VERBINDUNG. Das ist die Voraussetzung für dich den Kunden zu verstehen. Und für euch beide weckt die Verbindung die Bereitschaft zur Lösungsfindung. Ohne Verbindung keine tragfähige Lösung. 


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Die gute Nachricht: Der Umgang mit Gefühlen wie Wut & Ärger ist lernbar

Das setzt allerdings voraus, dass Beschäftigte im Unternehmen die Möglichkeit bekommen, diesen Umgang zu lernen. Wenn Führungskräfte dieses Thema nicht auf dem Schirm haben und Mitarbeitende nicht zufällig souverän mit Wut & Ärger umgehen können, dann haben alle ein Problem. 

Der Umgang mit diesen Gefühlen ist lernbar. Durch diese Fähigkeit erreichst du eure Kunden auf der Beziehungsebene und kannst in aller Ruhe die Sachebene klären. Das Resultat: Zufriedenere Kunden.

 

In 2016 ermittelte Prof. Dr. Neu von der Hochschule Darmstadt zum 5. Mal den Kundenkonfliktmonitor. Darin wird deutlich, dass es insgesamt zwar einen leichten Rückgang gegenüber 2014 an aggressivem Kundenverhalten gibt. Gleichzeitig liegen die verbalen Attacken im persönlichen Kundenkundenkontakt sowie am Telefon mit über 72 % weiterhin noch sehr hoch.

 

Verdeutlicht wird in dieser Studie, wie sich Aggressivität und Gewalt (in erster Linie verbale Gewalt) im Kundenkontakt äußern. Weiterhin beleuchtet der Kundenkonfliktmonitor wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Dienstleistungsbranchen mit Konfliktsituationen in Kontakt kommen und wie die allgemeine Entwicklung des Aggressions- und Gewaltpotenzials im Kundenkontakt zu bewerten ist.

Zentrale Ergebnisse des Kundenkonfliktmonitors

  • Die Häufigkeit der Konfliktsituationen steigt nach wie vor an, insbesondere im telefonischen und persönlichen Kundenkontakt.
  • Besonders betroffen sind folgende Bereiche: IT und Telekommunikation, Wohnung und Immobilien sowie Ämter und Behörden.
  • Verbale Konflikte, vor allem Beleidigungen, haben zugenommen. Die Unternehmen befürchten, dass die Qualität des Kundenservice hierdurch insgesamt leidet, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmend verunsichert sind.
  • Die Unternehmen gehen davon aus, dass die Konfliktbereitschaft der Kunden zunimmt.

So reagieren die Unternehmen

"Die meisten Unternehmen reagieren auf Konfliktsituationen mit Prävention in Form von Schulungsmaßnahmen (71,7 Prozent) und Mitarbeitergesprächen (76,4 Prozent). Vor allem die Schulungsmaßnahmen haben im Vergleich zum Konfliktmonitor 2014 wieder an Bedeutung gewonnen, diese Maßnahme lag 2014 noch bei 66,8 Prozent." (Quelle: Kundenkonfliktmonitor 2016)


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Aufgebrachte Kunden sind Chefsache

Egal was der Anlass für die Wut und den Ärger der Kunden ist, sie können als Beschwerde und Reklamation des Kunden eingestuft werden und werden damit zur Chefsache. Das bedeutet nicht, dass dein Chef die Beschwerden zu klären hat.

 

Aber und hier geht es nicht ohne ein Aber: Deine Führungskraft muss wissen, dass es diese Beschwerden gibt. Dass es möglicherweise schwierig für dich und deine Kollegen ist, damit umzugehen und dass sie jetzt in die Verantwortung genommen wird. Deine Verantwortung ist es, dieses Thema auf den Tisch und damit ins Bewusstsein deiner Führungskraft zu bringen.

Durch jede Reklamation oder Beschwerde erhaltet ihr im Unternehmen die Chance, einen unzufriedenen Kunden zurück zu gewinnen. Ein zufriedener Kunden wird euer Unternehmen weiter empfehlen. Ein unzufriedener Kunde wird euer Unternehmen schlecht reden. Und das ist keine Drohung. Das ist Realität.

Nutze Beschwerden als Wegweiser zu Schwächen in deinem Unternehmen. Verwandele diese Schwächen dank der Hilfe eurer Kunden in Stärken. Ohne Organisationsberatung und teure Berater von außen.

 

3 Tipps für erfolgreiches Beschwerde Management

Sprich bei deiner Führungskraft an, dass es Beschwerden gibt. Und regelt im Team gemeinsam mit der Führungskraft, wer verantwortlich für die Klärung der Beschwerden ist.

 

Macht euch Gedanken, wie der Beschwerdeprozess für euer Unternehmen zu gestalten ist. Und frag nach Schulungen und Berechtigungen, damit du professionell handeln kannst.

 

Hilfreiche Fragen in diesem Zusammenhang:

Welche Tools setzt ihr ein? Wer ist verantwortlich? An wen kannst du im Beschwerdefall weiterleiten? Wie sind die Prozesse dazu definiert? Gibt es Trainings für den Umgang mit solchen oft emotionalen hoch hergehenden Situationen?

Macht diese Prozesse auch nach außen deutlich. Sagt euren Kunden, wer zuständig ist. Macht es ihnen leicht, die verantwortliche Person zu finden. Schreibt die Kontaktdaten gut sichtbar und auffindbar auf eure Homepage, eurer Briefpapier,  z.B.

 

"Sie haben Probleme mit unserem Service?

Rufen Sie Frau Schulze an: 06151/273817.

Frau Schulze kümmert sich um Sie und Ihr Anliegen."

 

Das signalisiert euren Kunden, wenn es zu Problemen kommt, dann gibt es da eine Person, an die kann ich mich wenden.

Sammelt  die Beschwerden und Reklamationen und untersucht die Ursachen. Nutzt dies zur Verbesserung eurer internen Prozesse, Produkte oder Services. Seht die Reklamationen und Beschwerden nicht als Fehlleistung eures Unternehmens an, sondern als Wegweiser zur koninuierlichen Weiterentwicklung.

 

Fazit

Der Kundenkonfliktmonitor 2014/2016 macht deutlich, dass es unzufriedene Kunden gibt und diese durchaus wütend und aggressiv werden können. Tendenz inzwischen leicht fallend. 

Meine Tipps geben dir konkrete Handlungsmöglichkeiten, wie du die Wut und den Ärger und somit Beschwerden und Reklamationen aktiv in euren Geschäftsalltag einbauen und nutzbringend verarbeiten könnt.

Welche Erfahrungen hast du mit wütenden aufgebrachten Kunden? Welche Tricks und Tipps kennst du im Umgang mit Beschwerden? Sag es mir und meinen Lesern gerne mit einem Kommentar.


Bildquelle: pixabay



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